Blech-Blog

Tegetthoff „douze points“

Am 16. und 17. Mai fanden zwei Großereignisse statt: Die Eröffnung der Wiener Festwochen und der European Song Contest (kurz: ESC), doch beide konnten den dritten Höhepunkt nicht überschatten: Das 100. Stiftungsfest der KÖML Tegetthoff!

 

 

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Das Kommers-Präsidium (Bild: AH Ovidius)

 

Die Festwochen-Eröffnung am Roten Platz – pardon, am Rathausplatz (der aber zumindest zeitweise zur Gänze in rotes Licht getaucht wurde) – stand im Zeichen der „Freien Republik Wien“, die für die Zeit des Spektakels zur Republik der Liebe erklärt wurde. Optisch und großteils auch akustisch erinnerte die queere Bühnenshow, bei der Österreich vom Moderator und manchen Künstlern wegen des Ergebnisses der Nationalratswahl wieder einmal ins Nazi-Eck gestellt wurde, aber eher an dem Kampfaufruf einer Revolutionärs-Truppe. Einer der teilnehmenden Sänger war ein afrikanischer Countertenor, der vor seinem Gesangsauftritt auf den seit Jahrzehnten andauernden Krieg in seiner Heimat hinwies. Dafür brachte dann Nicole „ein bisschen Frieden“ auf die Bühne, die mit diesem Lied den Songcontest 1982 gewonnen hat und sich wohltuend vom Rest der Veranstaltung abhob.

Am darauffolgend Tag fand das Finale des ESC statt. Dieser Musikwettbewerb, der ursprünglich „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ hieß, findet seit 1956 statt und die Teilnehmer kamen anfangs nur aus Europa. Später kamen an den Mittelmeerraum angrenzende Staaten, die Mitglied der Europäischen Rundfunkunion (EBU) sind, wie z.B. Israel, dazu. Mittlerweile wurde der Bereich bis nach Aserbaidschan ausgedehnt und seit 10 Jahren darf sogar Australien mitmachen, da der ESC dort sehr beliebt ist. Während früher Liedermacher wie Udo Jürgens, der den Schlagerwettbewerb 1966 mit seinem Chanson „Merci, Chérie“ gewann, oder die oben erwähnte deutsche Sängerin Nicole durch ihre Gesangsleistung und wegen der Qualität ihrer Lieder zu Siegern gekürt wurden, zählt seit einigen Jahren in erster Linie die Licht- und Bühnenshow der auftretenden Interpreten sowie deren „zeitgemäße“ gesellschaftliche Positionierung. Das bewies unter anderen der Sieg von Conchita Wurst im Jahr 2014, der neben dem zugegebenermaßen guten Song sicher auch durch dessen/deren Auftritt als Dragqueen zurückzuführen ist. Demzufolge sagte man auch dem Queer-Einsteiger JJ gute Chancen voraus, der sich als Countertenor von der Opern- auf die Showbühne wagte und dort mit seinem fulminanten Auftritt – auf einer Art Schiff im stürmischen Meer –„den Schaß“ (Originalzitat) auch tatsächlich zum dritten Mal für Österreich gewann!

Die stürmische See stand auch im Mittelpunkt unseres Stiftungsfestes. Nicht weil bei der Vorbereitung so manches Gewitter tobte, sondern weil das Fest passend zum Namen Tegetthoff unter dem Motto „100 Jahre im Wellengang der Geschichte“ stand. Als Auftakt fand am 16. Mai 2025 die Festmesse in der Pfarre Schottenfeld „St. Laurentius“ statt, welche vom hohen Bundes-Seelsorger Kb (bzw. Bb) Nepomuk zelebriert wurde. Unsere drei aktiven Burschen haben bei dieser Gelegenheit mit der Fahne chargiert, die sich bestimmt darüber freute, nach vielen Jahren wieder einmal außerhalb der Bude Verwendung zu finden. Weiters haben dem Vernehmen nach rund ein Dutzend Bundesbrüder an dem Gottesdienst teilgenommen, was (unter Berücksichtigung der Entschuldigungen) etwa einem Drittel aller Mitglieder entspricht. Das ist für unsere Verhältnisse eine gute Beteiligung, zumal die Messe in einer Kirche gefeiert wurde, die sich nicht in Budennähe befindet und zu unserer Korporation keinen direkten Bezug hat.

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Die Chargierten am Weg zur Kirche. (Bild zVg von Chauffeur Dante)

Anschließend war ein Sektempfang und Begrüßungsabend auf der Tegetthoffbude angekündigt, bei dem die brandneue Festschrift vorgestellt wurde und diverse Erinnerungsstücke wie z.B. Anstecknadeln oder Stiftungsfest-Briefmarken zum Verkauf angeboten wurden. Diese Veranstaltung war sehr gut besucht und die Bude war so voll, wie schon sehr lange nicht. Zusätzlich zu den Bundesbrüdern, die noch zahlreicher vertreten waren als beim Gottesdienst, hatte sich nahezu die gleiche Anzahl an (Couleur)Damen und Gästen eingefunden. Der Philistersenior präsentierte die gut gelungene und optisch ansprechende Festschrift und das zugehörige, nur für Mitglieder erhältliche Gesamtverzeichnis mit den Daten aller lebenden und verstorbenen Tegetthoffer. Nach seiner Ansprache eröffnete er das Buffet. Die vorbereiteten Tabletts mit schönen Brötchen waren sehr rasch geleert, da die Aktivitas offenbar mit weniger Teilnehmern gerechnet hatte. Wer sich zuerst nobel zurückhielt oder Gespräche führte, ging mitunter leer aus und musste warten bis der „Notvorrat“ (Salami-Aufschnitt bzw. Würstel mit Gebäck) aufgetischt wurde. Auch der Sekt floss nicht in Strömen, sondern musste, wie alle anderen Getränke, käuflich erworben werden. Dessen ungeachtet konnten die Aktiviten mit den Einnahmen und alle Anwesenden aufgrund der guten Stimmung mit dem ersten Teil der Festveranstaltungen durchaus zufrieden sein.

Der eigentliche Höhepunkt war aber der Festkommers zum 100. Stiftungsfest im Palais Eschenbach am 17. Mai 2025. Die „jungen“ Band- bzw. Ehrenphilistern haben gemeinsam dem Philistersenior und mit Unterstützung von Ks Jeanne d’Arc (ELW) sowie mit der Aktivitas den Festsaal dem Anlass entsprechend geschmückt und dafür gesorgt, dass sich die verdienten älteren Bundesbrüder, welche die Korporation in den letzten 15 Jahren der Sistierung der Aktivitas am Leben gehalten hatten, auf ihren Lorbeeren ausruhen durften. Nur das eigens für diesen Anlass geschaffene Stiftungsfest-Logo war – abgesehen von den aufgelegten Bierdeckeln – gänzlich aus dem Saal verbannt worden und wurde durch das altbewährte, zeitlose Verbindungswappen ersetzt. Doch zum Glück hatte ich zwecks Bewerbung unserer neuen Stiftungsfest-Postkarten einige kleine Aufsteller mit diesem Motiv vorbereitet, die ich dazwischen verteilen konnte. Dadurch war auf den Tischen auch das richtige Kommersdatum zu finden. Die aufgelegten Liedertexte waren nämlich irrtümlich mit 16. Mai datiert und beim Wort „Stiftungsfest“, das unpassender Weise in einer altmodischer Frakturschrift geschrieben war, war in Unkenntnis der zugehörigen Rechtschreibregeln vor „…fest“ fälschlich eines langes, anstelle eines runden „S“ verwendet worden. Da die Schrift der Liedertexte aber insgesamt sehr klein gehalten war, ist der Fehler vermutlich nur wenigen aufgefallen und der positive Gesamteindruck des Raumschmucks hat darunter nur wenig gelitten.5c_StF-Kommers-2

Der Kommers begann beinahe auf die Minute pünktlich mit dem Einzug der Chargierten, welche wie üblich mit Marschmusik untermalt wurde, die zwischendurch zur allgemeinen Erheiterung der Anwesenden kurzfristig von Technoklängen unterbrochen wurde, ehe die zuständigen AHAH die Playlist wieder im Griff hatten. Dem festlichen Anlass entsprechend kommandierte der hohe Senior Napoleon als Erstes Allgemeines das große Festgaudeamus. Wohlweislich waren vorab die Bundesbrüder Dr.cer. Archimedes und Ovidius als „Sängerknaben“ eingeteilt worden. Auch wenn es nicht für den Sieg beim ESC gereicht hätte, intonierten sie die einzelnen Zusatzstrophen dieses schwierigen Liedes in würdiger Form, bevor bei jeder Strophe zum „normalen“ Gaudeamus die komplette versammelte Corona stimmgewaltig einsetzte.

Der große Festsaal des Palais Eschenbach war nicht nur bis auf den letzten Platz besetzt, später eingetroffene Kartellbrüder und –schwestern mussten sogar mit Sesseln in der zweiten Reihe vorlieb nehmen, da die Verantwortlichen von der Möglichkeit den unmittelbar angrenzenden Saal  mitzubenutzen keinen Gebrauch machen wollten. Nach der Begrüßung, die großteils fehlerfrei verlief, folgte die Verleihung der Jubel- und Verdienst-Bänder. Diakon AH Sebastian, der in Brüssel lebt und dort lange Zeit als Leiter des Büros der Österreichischen Bischofskonferenz  gearbeitet hat, erhielt das 100-Semesterband. Er ist ein Enkel von wlg. Dr.cer. Sissy, der einer unser beiden Ehrenring-Träger war, und hatte zur Erinnerung an seinen Großvater dessen Biertonne bei sich. Danach wurden die pro meritis-Bänder an Ph-x Lucullus und Ph-xx Newton überreicht. AH Dante hielt eine phantasievolle Laudatio, in der er die angeblich herausragenden Verdienste und den unermüdlichen, unverzichtbaren Einsatz lobte, mit dem der Philistersenior der Verbindung seinen Stempel aufdrückte. Nach dem Festsalamander und einem Colloquium folgte als Höhepunkt des Abends die von SKH Bb Karl von Habsburg-Lothingen vlg. Pan gehaltene Festrede. Er würdigte die KÖML Tegetthoff dafür, dass es ihr gerade in schwierigen Zeiten immer wieder gelingt neuen Aufschwung zu bekommen. Außerdem erinnerte er sich an seinen Besuch in Helgoland aus Anlass des Gedenkens an die Seeschlacht im Jahr 1864, bei welcher Tegetthoff, damals noch als Linienschiffkapitän, wesentlich zum Erfolg beitrug, weshalb er anschließend zum Kontreadmiral befördert wurde. Bb Pan beendete seine erfrischende und pointierte Ansprache mit einem Lob für unsere Verbindung und in Anspielung auf den parallel zu unserem Kommers stattfindenden ESC mit den in der Überschrift zitierten Worten: „Tegetthoff – douze points!“

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Im Zuge der Redefreiheit wurde Tegetthoff von der (Stief-)Mutterverbindung KÖL Maximiliana ein gut gefüllter Bar-Globus geschenkt, die älteste Freundschaftsverbindung KÖML Alpinia-Styria Graz spendete fünf Kisten Bier für den Ausklang und die Freundschaftsverbindung KÖStV Normannia Wien schenkte uns ein Duplikat des Senioratszipfes, da unser Original schon vor längerer Zeit abhandenkam. Danach wurde der Kommers mit dem Absingen der Verbandsstrophen und natürlich auch der Volkshymne beendet. Im Anschluss versammelten sich alle Anwesenden Tegetthoffer beim Präsidium zu einem historischen Gruppenbild auf dem rund 70% unserer Mitglieder zu sehen sind. Es war ein großartiges Fest für dessen Gelingen vor allem unsere Aktivitas einen wesentlichen Beitrag geleistet hat. Die drei Burschen haben nahezu perfekt chargiert, so dass man ihnen kaum ansah, dass sie als Quereinsteiger vom ÖCV nie in den Genuss einer KFS-Ausbildung kamen. Die beiden Füchse haben eifrig an der Schank mitgearbeitet. Den Verkauf der Biermarken und der Couleur-Souvenirs  übernahm AH Baumstamm mit dankeswerter Unterstützung  der Gattin des hohen Kartellvorsitzenden, die auch bei der Dekoration des Festsaals mitgeholfen hat. Beim abschließenden Aufräumen halfen das gesamte Organisatoren- und das Catering-Team tatkräftig zusammen, damit der Festsaal pünktlich vor Mitternacht in geräumten Zustand übergeben werden konnte. Danach trafen sich die Unermüdlichen noch zum Ausklang auf der Bude, der laut der Mitteilung in unserer WhatsApp-Gruppe erst in den frühen Morgenstunden endete.

Text und n.g. Bilder: DDr.cer. Raffael

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