Blech-Blog

Heimspiel

Die Fußball-Europameisterschaft versetzt nicht nur aktive Spieler, sondern auch viele Passiv-Sportler in einen Ausnahmezustand. Trotzdem geht parallel dazu auch das Verbindungsleben weiter.

Klaviespieler

Bei der SSK wurde diesemal sogar musiziert!

Es ist wieder einmal soweit: „König Fußball“ regiert (zumindest in Europa) die Welt und sorgt bei Anhängern dieser Sportart für Begeisterung, spaltet das Land aber auch in euphorische Fans und Fernsehsport-Muffel. In Familien, welche dem herkömmlichen Klischee entsprechen, schauen sich der dominante Vater und seine Söhne mit Freunden eine Liveübertragung der Euro2024 nach der anderen an, um ja kein sensationelles Tor zu verpassen, während die Mutter und die Töchter von Glück sprechen können, wenn Sie über ein Zweitgerät verfügen, um sich eine TV-Romanze ansehen zu können. Natürlich sieht die Realität heutzutage ganz anders aus und es gibt auch viele Frauen die Fußball schauen und sich an den verschwitzten Leibern der attraktiven Spieler erfreuen. Geschäftstüchtige Wirte bieten in ihren Lokalen oder Schanigärten auf großen Leinwänden öffentliche Live-Übertragungen der Fußballspiele an, um möglichst viele Fans anzulocken, die den Umsatz steigern. Schon in Erwartung des Achtelfinales wurden gerne ein paar Achterl Wein (oder eher einige Krügerl Bier) mehr konsumiert und jetzt besteht sogar Hoffnung auf das Vierte(r)l-Finale, weshalb die weniger sportaffinen Angehörigen zu Hause noch länger ihre Ruhe haben. Allerdings finden Menschen wie meine Frau und ich, die sich nichts aus Sportübertragungen machen, trotz Zwangsabgabe im öffentlichen Fernsehen aber kaum etwas Interessantes, weil parallel zu den Spielen nur Wiederholungen von alten Dokumentationen oder Serien ausgestrahlt werden und daher auch in den Mediatheken nichts Neues enthalten ist.

Die Fußball-EM entlarvt die übliche Doppelmoral unserer Gesellschaft. Während jede kritische Äußerung gegenüber Ausländern im Alltag sofort als faschistischer Rechtsextremismus gewertet wird, gilt es beim Sport nicht als „nationalistisch“, sondern als „patriotisch“ die eigene National-Mannschaft anzufeuern und sich über einen Triumph gegen ein anderes Land, dessen schwache Elf nicht mit den eigenen Helden mithalten kann, zu freuen. Auch die sonst ständig gepredigte Gleichberechtigung von Männern und Frauen gibt es weder auf dem Spielfeld in Form von gemischten Mannschaften, noch bei der Entlohnung der Spieler und Spielerinnen. Womöglich tragen sogar die Gehälter von überbezahlten männlichen Spitzensportlern dazu bei, dass in den Statistiken die Frauen so schlecht abschneiden. Seltsamerweise genügt beim Sport auch die Unterscheidung von zwei Geschlechtern anhand ihrer biologischen Merkmale. Für die „diversen“ Geschlechter, welche in Regenbogenfarben durch die Straßen ziehen, weil sie nicht wissen (wollen) was sie sind oder wie sie sich fühlen, gibt es meines Wissens keine gesonderten Meisterschaften. Das Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe sollte heutzutage, ebenso wie die Religion, auch beim Sport die Privatsache jedes einzelnen sein, wird aber gerade beim Fußball nach wie vor stigmatisiert. Das rührt möglicherweise daher, dass Körperkontakte mit „Arbeitskollegen“ (sowohl Spielern, als auch Betreuern), wie innige Umarmungen nach erzielten Toren oder gewonnen Spielen offenbar dazugehören, während bei jedem anderen Job schon das Anstreifen an einer anderen Person oder gar zu intensives Anschauen von zur Schau gestellten Körperteilen bereits als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gewertet werden.

Rein sportlich sind unsere Lieblingsnachbarn diesmal im Vorteil: Für die Deutschen ist jedes Spiel ein Heimspiel und daher hat deren Elf bei jeder Begegnung die meisten Fans auf den Zuschauerrängen als zwölften Mann hinter sich. Aber auch aus allen anderen Ländern sind viele Zuseher angereist um mit den jeweiligen Fahnen, Teamtrikots und/oder Gesichtsbemalungen ihre Nationalteams zu unterstützen. Da die Austragungsstätten der EM-Spiele über ganz Deutschland verteilt sind, müssen nicht nur die ausländischen Fans weite Anreisen zu und zwischen den Stadien in Kauf nehmen. Auch wenn wahrscheinlich sehr viele mit der Bahn anreisen bezweifle ich, dass die Ökobilanz eines derartigen Turniers positiv sein kann. Vielleicht sollten sich die Klimaschützer vor die Stadien-Eingänge kleben, aber das traut sich wohl keiner, zumal es sicher auch unter diesen Fanatikern welche gibt, die selbst dabei sein wollen. Aus Sicht der Österreicher sind die bisherigen Spiele überraschend positiv verlaufen. Obwohl sie in ihrer Gruppe auch gegen zwei ehemalige Europameister antreten mussten, haben sie nur das erste Spiel gegen Frankreich knapp verloren, aber die beiden anderen gegen Polen bzw. die Niederlande gewonnen und sind Gruppensieger geworden. Dadurch wurde aus dem „Geh-Heim-Favorit“ Österreich anscheinend wirklich ein Geheimfavorit, von dem manche glauben bzw. zumindest erhoffen, dass sie bis ins Finale kommen. Sogar der Bundes- und der Vizekanzler vergaßen ihren Koalitionszwist und pfiffen auf den Ministerrat am Folgetag, um einträchtig  unserem EM-Team nach dem Schusspfiff  zum Aufstieg ins Achtelfinale zu gratulieren. Zunächst müssen unsere Burschen aber beweisen, dass sie gegen die Türken genauso erfolgreich kämpfen können, wie die österreichischen Soldaten zur Zeit der Kaiser Leopold I. bzw. Karl VI. unter ihrem „Erfolgstrainer“ Prinz Eugen von Savoyen.

Bei Spitzen-Fußballspielern ist die Anzahl von Maturanten oder gar Akademikern – im Unterschied zu manchen anderen Sportarten – wohl sehr gering (gibt es überhaupt welche?), weil die wahren Talente schon als Kinder den Großteil ihrer Zeit auf der Straße oder am Spielplatz verbracht haben. Trotzdem könnten sich auch Studentenverbindungen von diesem Mannschaftssport einiges abschauen. Das Wichtigste ist der Teamgeist. Zu den Aufgaben des Trainers, welche ein wenig jenen eines Philisterseniors ähneln, gehört es die Ziele vorzugeben und die Mannschaft zu motivieren. Am Spielfeld muss dann der Kapitän für das Fair-Play seines Teams sorgen und – so wie im Idealfall ein Aktivensenior – gemeinsam mit den anderen Mitspielern die Tore schießen bzw. die eigentliche Arbeit übernehmen. Um eine Herausforderung zu meistern, müssen aber nicht nur alle Spieler zusammenhalten, sondern einander auch die Bälle mit möglichst gut gezielten Pässen zuspielen. Alleingänge, bei denen ein Stürmer versucht durch die gegnerischen Reihen zu dribbeln, anstatt den Ball an freistehende Mitspieler abzugeben, sind nur sehr selten erfolgreich. Auch triviale Grundsätze sind von Bedeutung. Es empfiehlt sich immer nach vorne zu schauen und den Ball nach vorne zu spielen, um zu gewinnen, denn schlechte Rückpässe hatten schon so manches Eigentor zur Folge.

Natürlich kommt es auch auf die Mannstärke des Kaders an. Wenn das Team nicht rechtzeitig verjüngt wird und das Gros der Mannschaft nur mehr zu den Veteranen zählt oder wenn ein Teil der Spieler aus gesundheitlichen Gründen auf der Ersatzbank sitzen muss, stehen die Chancen schlecht. Die Spielstärke der Mannschaft ist entscheidend. Geld alleine gewinnt kein Spiel, wie vor einigen Jahren am Beispiel eines Wiener Vereins mit austro-kanadischem Sponsor deutlich zu sehen war, aber es ist natürlich sehr nützlich, um gute Spieler einzukaufen, die einer Mannschaft – wie jener, die ehemals den gleichen Namen wie eine Landsmannschaft trug – dauerhaft Flügel verleihen. Gerade ein kleines Land wie Österreich kann aber naturgemäß viel weniger Supertalente hervorbringen als bevölkerungsreiche Länder, besonders wenn dort der Fußballsport eine große Tradition hat. Daher werden zur Stärkung der Teams von Fußballvereinen gerne Legionäre zugekauft. Hier unterscheidet sich das Korporationswesen natürlich wesentlich vom Sport. MKV-Verbindungen erhalten keine Ablösen von Hochschulverbindungen, wenn deren gut ausgebildete Aktive dorthin „wechseln“ und auch umgekehrt ist das nicht der Fall, wenn Profis aus dem ÖCV oder den Landsmannschaften zur Unterstützung einer Mittelschulverbindung antreten. Ein bisserl unübersichtlich wird die Angelegenheit jedoch, weil Korporierte die Farben eines anderen Vereins nicht anstelle der bisherigen annehmen, sondern das neue Couleur zusätzlich tragen. Dadurch kommt es – wie bei einem Länderspiel – des Öfteren zu Situationen, bei denen die beliebten Legionäre der eigenen Mannschaft plötzlich für das andere Land spielen und man sich schwertut, wem dann die Sympathien gehören.

 

Fuchsia

Die gut „behütete“ Fuchsia.

Die letzten EM-Vorrunden-Spiele am 26.6.2024 waren vermutlich eine starke Konkurrenz zu unserer Semesterschlusskneipe. Jedenfalls blieb der Besucherandrang auf unserer Bude deutlich unter den Erwartungen, obwohl im Programm eine Überraschung angekündigt wurde. Nicht nur das Fehlen der Hälfte unserer in den letzten Monaten neu erworbenen „Legionäre“, welche bei auswärtigen Veranstaltungen (nicht nur bei ihren Urverbindungen) oft zahlreich vertreten waren, machte sich schmerzlich bemerkbar. Auch die „Ehrentribüne“ unserer Veteranen war bei diesem Heimspiel großteils verwaist, nur Ca-Phil-x Newton konnte in Begleitung von Couleurdame Diana nach seiner gut überstandenen OP wieder im unserer Mitte begrüßt werden. Im Laufe der Kneipe wurden dann sogar mehrere Überraschungen geboten. Die erste davon war von langer Hand geplant und nur für die Corona überraschend: Der hohe TEW-Phil-x Lucullus, der gut vorbereitet und gelaunt das Präsidium innehatte, lud aus Anlass seines bevorstehenden 60. Geburtstages alle Anwesenden auf sämtliche Getränke ein. Dafür herzlichen Dank und nochmals alles Gute! Die zweite Überraschung glückte unserem Kf Capone, der sich spontan bereit erklärte unser Klavier einzuweihen, das seit März 2020 ungenutzt auf der Bude herumsteht. Er schlug auf dem schönen Instrument zum „Gaudeamus“ virtuos in die Tasten (siehe Bild ganz oben) und allfällige Misstöne waren nur auf die Sängerschaft zurückzuführen, welche es nicht gewohnt ist, exakt nach den Noten des Kommersbuches zu singen. Die dritte Überraschung galt dann den beiden anwesenden Füchsen.  Da bei den äußerst kurzfristig beschlossenen Receptionen im Zuge der Maikneipe mangels Vorbereitungszeit nur Leihdeckel zur Verfügung standen, wurden die Füchse Capone und Napoleon zum Cantus „Ich war Brandfuchs noch an Jahren“ von unserem Phil-FM Ovidius zum Präsidium geführt und erhielten von ihm in einer kurzen Zeremonie zur Vervollständigung des Couleurs ihre eigenen, neu angefertigten Deckel überreicht. Gleich danach konnten sie bei ihrem ersten Tegetthoff-Comment erproben, wie diese bei „Sturmwarnung“ als Matrosenmützen (d.h. mit nach hinten gedrehtem Schirm) aussehen. Alles in allem war die Schlusskneipe trotz der relativ geringen Beteiligung ein würdiger und harmonischer Abschluss eines teilweise turbulenten Semesters.

Text und Bilder: DDr.cer. Raffael

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